Binge

30. Jan 2011

Laura hebt die Nase schnuppernd in den Raum. Sie wirft einen Blick über die Schulter, zwinkert und beugt sich dann mit ihren Rundungen behäbig zum Backofen hinunter, um in die Hitze zu starren.

Ich liebe das Backen. Es duftet so lecker.“ Sie richtet sich wieder auf und dreht sich zur Wohnzimmertür.

Ihr könnt es ja leider nicht riechen.“ Freundlich lächelnd starrt sie in die Luft, obwohl sie allein ist in der Wohnung.

Mit wem ich rede, wenn ich doch allein in der Wohnung bin? Na, mit euch! Also, ich sag es besser gleich, ich bin nicht ganz dicht. Ich hab offiziell eine Macke, denn ich glaube, dass ich eine Figur in einem Buch bin, oder eher in einer Geschichte. Ein Buch ist vielleicht zu viel für mich ganz allein.“

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Eigentlich sollte Vallaria völlig geschafft sein. Sie hatten ihre Freizeit gekürzt und dafür das Training verdoppelt. Trotzdem schafft es Val nicht sich ein Lächeln zu verkneifen. Es war ganz sicher kein Traum. Sie hatte Kontakt hergestellt.

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I am so glad you locked me up“ 

 Ich bin noch ein wenig geplättet. Das Ende des nur 300 Taschenbuchseiten starken Thrillers von Nicolet Steemers hatte es in sich. Es hat mich mitgenommen, in die Geschichte, aber auch emotional.
 

„Mehr denn je war es entscheidend, daß niemand Frankie umbrachte, denn mit ihm ging das Wissen zu Grunde, wo die Sicherheit liegt, und das durfte man keinesfalls riskieren.“

S.245 Judith

die Wahrheit über Frankie

die Wahrheit über Frankie

Wer sollte die Wahrheit über Frankie besser wissen als die 3 Menschen, die seit 10 Jahren ihr Leben in seine Hände legen. Wer kann die Wahrheit über Frankie weniger wissen, als die 3 Menschen, die in den letzten 10 Jahren mehr Wahrheiten kreiert haben, als Frankie selbst.

Inspiriert von einem wahren Fall schreibt Tina Uebel von einer unglaublichen Geschichte. In Form von Monologen, einseitige Darstellungen von scheinbaren Verhören oder Interviews, erfahren wir, was in den 10 Jahren passiert, in denen 3 Studenten in Frankies Gewalt waren. Sie sind untergetaucht, in den Untergrund gegangen, sie waren verschwunden, haben sich aufgelöst, bis in ihr Innerstes und wurden dann Frankies Willen wieder zusammen gesetzt.

3 verschiedene Sichtweisen einer Zeit. Christoph, Judith und Emma wechseln sich mit dem Erzählen ab und es ist nicht leicht, dieser Erzählweise zu folgen, denn die emotionale Verwirrtheit der Erzähler überträgt sich schnell auf mich, dem Leser, denn sie ist in Buchstaben und Worten wiederzufinden und auch in den Wahrheiten, die sie erzählen.
Von Ein-Wort-Sätzen bis halbseitigen Wort-Konstrukten ist alles zu finden.

Das Herausragende an dem Buch ist jedoch die emotionale Dringlichkeit. Durch die Monolog-artige Gestaltung der Geschichte gibt es keinen Erzähler, sondern eine dreifache Ich-Perspektive. Und man merkt den drei Hauptpersonen an, dass ihnen etwas Unvorstellbares angetan wurde. Sie waren nicht nur Opfer körperlicher und teilweise sexueller Gewalt, sondern wurden über Jahre emotional gefoltert, ihrer Identität und ihrer Entscheidungsfreiheit geraubt. Was mir besonders zu schaffen machte, war der Gedanke, dass diese Geschichte auf einer Tatsächlichkeit beruht. Das es wirklich Menschen gab, die jemanden wie Frankie jahrelang ausgesetzt waren und von ihm so zerstört wurden, dass sie wahrscheinlich nie wieder ein normales Leben führen werden.

Was nach dem Lesen übrig bleibt ist die Wut, hilflose nagende Wut.
Ein sehr mitreißendes Buch, allerdings nicht leicht zu lesen.

fliessen

28. Jan 2010

Manchmal kann ich nicht schlafen, dann stehe ich am Fenster und betrachte die Welt, die in der Nacht aller Farben beraubt, so ruhig und friedlich ist. Nichts bewegt sich, alles ist eingefroren in der Zeit. Ein Stillstand, der für einen kurze Moment eine Illusion erschafft. Frei von allen Zwängen und Erwartungen. Niemand der auf mich wartet, der etwas fragen will oder Bedingungen stellt, denn die Welt schläft.

Wenn dann die Farben zurück in die Welt fließen, aus dem Grau wieder Rot Blau und Grün werden, reißt es mich von den Füßen. Der Wecker klingt als zerreißt eine dünne Papierwand zwischen zwei Welten und ich verliere den Boden, stürze in den Fluß, der vor meinem Fenster vorbei fließt. Der wichtigste Punkt des Tages ist es nicht zu ertrinken. In der Nacht noch ein kleines befestigtes Flüsschen, reißt der Strom mich am Tage mit, versucht mich in Stromschnellen zu ersäufen, doch ich strample mit den Füße, schlage mit den Armen und kämpfe darum zu atmen. Ich sehe, wie ich an der Welt vorbei getragen werden, zu schnell als dass ich reagieren könnte. Es sind nicht meine Entscheidungen. Der Fluß beschließt wo ich hin getragen werde. Meine Entscheidung ist einzig nicht zu ertrinken, nicht aufzugeben in den Fluten. Die Kraft reicht nicht, um gegen die Strömung zu kämpfen und an ein Ufer zu schwimmen. Manchmal höre ich Stimmen, die mir zurufen nicht aufzugeben, doch niemand traut sich in die Strudel, die mich umgeben. Niemand der mich rettet, aus Angst mitgerissen zu werden. Oder aus Gleichgültigkeit.

Die Muskeln beginnen zu schmerzen und es ist kalt. Die Sonne reicht nicht in das dunkle Wasser, verbrennt mir jedoch die Stirn und das Gesicht. Niemals habe ich versucht zu schreien, um Hilfe zu schreien, die Kraft ist zu kostbar. Ich muss damit sparsam um gehen. Bald werden mir die Arme lahm und die Beine. Das Wasser ist zu unruhig um auf dem Rücken zu treiben und ich will nicht, dass man mich so sieht, wie ich aufgegeben habe und mich treiben lasse. Manchmal winke ich und tue so, als ob ich es genieße, den Anschein wahren. Ich mache es der Welt leicht zu vergessen, dass ich drohe unter zu gehen. Ich treibe nun schon so lange in dem Fluß, dass man es leid ist, mir dabei zu zuschauen. Ich bin es selbst leid. Wenn das Wasser nicht zu wild ist, schaffe ich es bei einer Gabelung meinen eigenen Weg zu wählen, fast… immer nur fast, denn der Fluss ist stärker. Wie sollte ich auch dagegen an kommen. Ich bin allein, das Wasser besteht aus vielen einzelnen Tropfen, die zusammen halten.

Meine Füße haben den Boden berührt, ich atme auf. Fast schon hätte ich es aufgegeben gegen die Strömung zu kämpfen, gegen das Wasser. Ich glaube, ich werde es schaffen.

Dann reißt eine Welle mich wieder mit. Ich hatte nicht genügend Zeit mich auszuruhen, ich hatte noch nicht genügend Kraft ihr zu widerstehen.

Das Wasser wird trüber und immer wieder schlägt mir Treibholz gegen das Gesicht, den Bauch, die Beine. Ich habe aufgehört mit den Beinen zu strampeln. Die Kraft reicht einfach nicht mehr dazu aus. Wichtig ist nur noch, das Gesicht über Wasser zu halten und sich nicht zu verschlucken.
Bald bin ich am Meer. Ich kann es schon riechen. Und der Fluss ist breiter geworden. Ich kann kaum noch die Ufer erkennen in der Dämmerung. Sie sind viel zu weit weg. Nun dringen auch keine Stimmen mehr zu mir. Nur noch ich und das Geräusch des Wasser. Dieses ewige Plätschern macht mich müde, zermürbt mich.

Das Meer ist riesig und die Wellen sind erschreckend hoch. Nun ist mir egal, was man denkt. Ich lege mich auf den Rücken, lasse mich treiben.
Toter Mann

Ein Geräusch zerreißt eine Papierwand zwischen zwei Welten.